Es ist nun ungefähr zweieinhalb Jahre her, dass mich Manu und Nandini, die beiden Verlegerinnen von Ananda Edizioni, gefragt haben, ob ich nicht »Conversations with Yogananda« ins Deutsche übersetzen wolle.

Dass sie gerade dieses Buch ausgewählt haben, ist eine interessante Fügung, denn es war Nayaswami Ashas wundervoller Podcast dazu, der mich überhaupt zu Ananda gebracht hat.

Im März 2021 ist das Buch nun im Verlag O.W. Barth erschienen, und ich möchte Euch ein wenig über dieses Werk erzählen.

Swami Kriyananda hat weit über 100 Bücher geschrieben. Er tat dies nicht aus einem eigenen Mitteilungsbedürfnis heraus oder weil er sich unbedingt als Autor verstand. Es war für ihn ein großer Teil dessen, was er als seine Lebensaufgabe sah, welche er mit so atemberaubender Hingabe verfolgte: Schüler seines groß en Gurus Paramhansa Yogananda zu sein und jene große Mission fortzuführen, welche dieser begonnen hatte, als er 1920 nach Amerika kam.

Noch als Kriyananda mit seinem Guru zusammenlebte, war er der festen Überzeugung, dieser habe bereits alles Wesentliche gesagt und es bedürfe keiner weiteren Worte. Aber Yogananda entgegnete ihm, dass es noch sehr viel zu schreiben gebe.

In Indien ist es üblich, dass die Schüler der Gurus die Lehren ihrer Meister in ihren Schriften ausformulieren und erklären. Und so machte sich auch Swami Kriyananda daran, die Lehren Yoganandas nicht nur in der Tiefe zu vermitteln, in der er selbst sie über Jahrzehnte der Meditation und des Dienstes für andere immer umfassender verstanden hatte: er wollte außerdem zeigen, dass Yogananda in der Tat universelle Wahrheiten gelehrt und vorgelebt hatte, die auf alle Bereiche des Lebens anwendbar sind: auf Meditation und Gebet genauso wie auf die Erziehung von Kindern, das Leben in der Ehe, die Gesundheit und sogar den materiellen Erfolg.

So unterschiedlich sind all diese Werke und so sehr haben sie alle ihre eigene Wichtigkeit, dass es unsinnig wäre, eines davon als *das wichtigste* herauszustellen.

Aber man kann sicher sagen, dass »Gespräche mit Yogananda« ein besonderes unter diesen Büchern ist. 1950, zwei Jahre nachdem Swami Kriyananda Schüler von Paramhansa Yogananda geworden war, bat ihn sein Meister, Aufzeichnungen zu machen über die Gespräche, welche Yogananda mit verschiedensten Menschen und Gruppen führte. Größtenteils war Kriyananda bei diesen selber anwesend, aber zu Teilen sprach er später auch mit engen Wegbegleitern Yoganandas über deren Erlebnisse. Es entstand eine riesige Sammlung von Aufzeichnungen, deren Schutz für Swami in den kommenden Jahrzehnten höchste Priorität haben sollte. So warteten sie, verstaut in einer feuerfesten Kiste, mehr als 50 Jahre darauf, in Gänze veröffentlicht zu werden. Während sich Swami Kriyananda, jung, wie er war, zu Anfang überhaupt nicht vorstellen konnte, der Verantwortung eines solchen Werkes gerecht zu werden, begann er viele Jahre später in seiner Autobiographie »The Path« und in »The Essence of Self-Realization« damit, Teile dieses Schatzes zu heben und einige der Aufzeichnungen zu verwenden.

»Conversations with Yogananda« aber war dann, nachdem mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen war, zum ersten Mal eine umfassende Wiedergabe aller Notizen. Es gibt sehr vieles, das ich an diesem Buch liebe, aber es ist vielleicht aus zweierlei Gründen so besonders und wertvoll: Swami Kriyananda begnügt sich nicht damit, einfach Gespräche oder Aussagen seines Meisters zu zitieren, sondern er legt großen Wert darauf, die jeweiligen Kontexte möglichst genau zu beschreiben. Dies ist für das Verständnis des Gesagten essentiell, aber es hat noch einen schönen Nebeneffekt. Denn wir erleben Paramhansa Yogananda dabei hautnah, und so wird »Gespräche mit Yogananda« zu einer Möglichkeit für die Leser*innen, jenseits aller Zuschreibungen und vermittelten Bilder diesen großen Meister »in Aktion« zu erleben; zu verstehen und zu spüren, wie er war, und einen unmittelbaren Eindruck davon zu bekommen, wie das Leben mit ihm gewesen sein muss.

Die andere großartige Eigenschaft dieses Buches ist, dass es so etwas ist wie ein Panoptikum von Yoganandas Lehren. Womöglich gibt es kein einziges wesentliches Thema, das hier nicht Erwähnung findet, angefangen von Dingen wie Meditation, Ernährung, Ehe, Kinder, aufrechtes Verhalten – also jenem, was für das eigene, individuelle Leben unmittelbar von Bedeutung ist – bis hin zu den größeren Zusammenhängen wie internationale Politik, Gemeinschaften, Umwelt, Religion. Natürlich geht es ganz zentral um die Lehren des Yoga, so dass wir neue Einblicke bekommen in Sujets wie Kriya Yoga, Reinkarnation, Karma, die Yugas und vieles mehr. Nicht zuletzt erzählen einige der Gespräche die Geschichten aus »Autobiographie eines Yogi« noch einmal detaillierter oder fügen ihnen neue Aspekte, wenn nicht gar ganz neue Episoden hinzu.

»Gespräche mit Yogananda« ist ein wichtiges und inspirierendes Buch, und eines, das große Freude macht beim Lesen. Es ist ein Segen, dass Swami Kriyananda sich nach über fünfzigjähriger Vorbereitung der Aufgabe des Schreibens gestellt und gewidmet hat – und dass die feuerfeste Kiste offenbar ebenso fest entschlossen war wie er, einen guten Job zu machen.

One Comment

  1. mm

    Danke für diese wunderbaren Worte!
    Diese Schatzkiste ist mir dafurch sehr ans Herz gewachsen.
    Danke für die Übersetzung, sie öffnet Raum für Yoganadas Worte im deutschsprachigen Raum.
    Pflichtlektüre!!!!
    😉

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